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Hochzeit von Loyola mit der Nusta Beatriz

Hochzeit von Loyola und der Nusta Beatriz. Anonymer Künstler aus Cuzco, Peru, 1718, Öl auf Leinwand mit Goldapplikationen, 1,74 x 1,67m

Hochzeit von Loyola und der Nusta Beatriz. Anonymer Künstler aus Cuzco, Peru, 1718, Öl auf Leinwand mit Goldapplikationen, 1,74 x 1,67m
Bildquelle: Museo Pedro de Osma, Lima

Dieses Meisterwerk der Cuzcoschule zeigt die idealisierte Repräsentation des Mestizentums (mestizaje) in Spanisch Amerika. Bei dem vorliegenden Bild handelt es sich um eine der vielen zeitgenössischen Kopien des Originalbildes, das heute in der Iglesia de la Companía in Cuzco, Peru, zu finden ist. Thema des Bildes ist die Verbindung zwischen Angehörigen des Inkaadels, der spanischen Oberschicht und der katholischen Kirche, symbolisiert durch die Vermählung von Martín García de Loyola mit der Ñusta Beatriz.

Das Bild zeigt fünf Hauptgruppen, wie es auch der Vorstellung der andinen Kosmologie entspricht. War der Auftraggeber des Bildes sicher ein spanischer Jesuit, wurde es doch von einem indigenen Maler für ein ebenfalls indigenes Publikum angefertigt, wie eine eingehendere Bildbetrachtung schlussfolgern lässt: Im Zentrum des Bildes stehen die beiden wichtigsten Heiligen der Jesuiten, San Ignacio de Loyola, der Gründer des Ordens, und San Francisco Borja. Beide werden von dem Christusmonogram des Jesuitenordens überstrahlt, das räumlich die Inkasonne ersetzt, womit das Christentum symbolisch die pagane Inkareligion ablöste. Weiterhin sehen wir vier Personengruppen, die den vier Teilen des Inkakosmos entsprechen. Die Dualität von Weiblich und Männlich zeigt sich in den dargestellten zwei Ehepaaren, wobei die linke Seite stets von einem männlichen Part und die rechte von einem weiblichen eingenommen wird.

Hochzeit von Martin Loyola und der Nusta Beatriz

Hochzeit von Martin Loyola und der Nusta Beatriz
Bildquelle: Museo Pedro de Osma, Lima

Links sehen wir die dem Bild namensgebende Vermählung von Martín García de Loyola mit der Ñusta Beatriz Clara Coya in idealisierter Darstellung, die an ein berühmtes Bild des italienischen Malers Rafael erinnert (Eheschließung von Maria und Josef von Rafael Sanzio, Mailand 1504). Martín García de Loyola war ein direkter Nachkomme des schräg hinter ihm dargestellten Jesuitenordengründers Ignacio de Loyola. Bekannt wurde García durch seine Rolle bei der Gefangennahme Tupac Amarus I., einem Inkaherrscher, der den spanischen Invasoren jahrelang Widerstand leistete. Als Belohnung bekam García nach Tupac Amarus Hinrichtung 1572 die Hand von dessen Nichte Beatriz Clara Coya zugesprochen. García ist entsprechend des Entstehungsdatums des Bildes in typischer kolonialer Tracht des späten 17. Jahrhunderts zu sehen, hält aber eine stilisierte Axt, ein inkaisches Machtsymbol. Er legt seine Hand auf die seiner Frau Beatriz, deren dunkle Hautfarbe und inkaische Tracht sie als Angehörige des indigenen Adels ausweisen soll. Gleichzeitig läßt ihre Repräsentation jedoch europäische Elemente wie einen spanischen Rock und einen hispanisierten schwarzen Umhang erkennen.

Hochzeit von Juan Enríquez Borgia und Lorenza Loyola

Hochzeit von Juan Enríquez Borgia und Lorenza Loyola
Bildquelle: Museo Pedro de Osma, Lima

Aus der Verbindung der beiden Eheleute wurde Doña Ana María Lorenza García Sayri Tupac de Loyola geboren. Diese ehelichte 1614 in Madrid den spanischen Adligen Juan Enríquez de Borja y Almansa, der aus der direkten Linie des hinter ihm dargestellten jesuitischen Märtyrers San Francisco de Borja abstammte. Das Paar scheint der Vermählung von Lorenzas Eltern beizuwohnen und steht rechts neben ihnen.

Ihre eigene Trauung hingegen sehen wir im rechten Bildhintergrund, so dass das Gemälde die andine Vorstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit der Erzähltradition mittelalterlicher religiöser Bilder vereint. Im Gegensatz zu ihrer Mutter trägt Lorenza bereits rein spanische Kleidung, während ihre Physiognomie sie jedoch als Mestizin zu erkennen gibt.

Tupac Amaru I. und Sayri Tupac

Tupac Amaru I. und Sayri Tupac
Bildquelle: Museo Pedro de Osma, Lima

Die letzte Gruppe wird von Angehörigen des Inkaadels gebildet, die links auf einer erhöhten Plattform vor der Jesuitenkirche, der ersten Kirche Cuzcos, zu sehen sind. Zwischen Beatriz' Eltern Sayri Tupac und María Cusi Huaycari befindet sich ihr Bruder Tupac Amaru I.. Dieser war der letzte Herrscher der Vilcabamba-Dynastie, die mit Manco Capac II. den jahrzehntelangen Widerstand gegen die spanischen Konquistadoren begonnen hatte. Wie auch auf christlichen Prozessionen zu sehen, zeigen sich die Inkaadligen in ihrer traditionellen Kleidung und der mascaypacha und sind von vorspanischen Herrschaftssymbolen wie dem Papagei und dem buckligen Zwerg, der einen Sonnenschirm hält, umgeben. Überraschend wirkt jedoch, dass Tupac Amaru I. der Zeremonie friedlich beiwohnt. Schon allein seine Anwesenheit bei einer Hochzeit, die tatsächlich erst nach seiner Hinrichtung stattgefunden hatte, weist darauf hin, dass hier eine symbolische Zustimmung der mestizischen Verbindung und eine Machtübertragung durch den letzten legitimen Inkaherrscher auf seine Nachfahrin gezeigt werden sollte.

Durch die veränderte Nachstellung der Geschichte sollten alle gewaltsamen Erinnerungen an den Fall des Inkareiches gelöscht werden, so dass auch Martín García de Loyola nicht als Konquistador, sondern als kolonialer Zeitgenosse dargestellt wird. Die idealen Verhältnisse, die in der Szene dargestellt werden, sollen den Eindruck einer Gleichberechtigung der indigenen und spanischen Gesellschaft vermitteln. Diese politische Nachricht soll auch anhand der absoluten Symmetrie des Bildaufbaus vermittelt werden. Die Utopie der Darstellung steht jedoch im Gegensatz zu der harten kolonialen Realität.

 

Peggy Goede