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Bestandsaufnahme

Bestandsaufnahme und Perspektiven

Die am LAI versammelte wissenschaftliche Expertise zeichnet sich nicht nur durch ein ausgeprägtes spezifisches Expertenwissen der einzelnen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus, sondern vor allem auch durch einschlägiges regionalspezifisches Wissen und durch eine Reihe übergreifender Fragestellungen, die durch die gemeinsame Forschungsprogrammatik in Zukunft besser in interdisziplinäre und komparative Ansätze in Forschung und Lehre integriert werden sollen.

Zentral sind interdisziplinär arbeitende Studien- und Forschergruppen (u.a. auch im Rahmen von Exkursionen), in welchen Studierenden zusammen mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen des LAI und aus anderen Einrichtungen zu thematischen und regionalen Schwerpunkten arbeiten. Diese werden insbesondere von Studierenden im Hauptstudium und für Doktoranden für eigene Abschluss- und Forschungsarbeiten genutzt. Hierbei haben sich enge Kooperationen zu Kollegen und Kolleginnen in Lateinamerika und in Einrichtungen, die über Lateinamerika forschen, weltweit herausgebildet. Die Bedingungen für die Lateinamerikaforschung (Bibliotheken, Archive, Museen etc.) sind in Berlin und Umgebung äußerst günstig - sowohl für eine akademische Qualifizierung als auch für die interdisziplinäre Forschungen und für internationale Kooperationen. Sie sollen in Zukunft für die Entwicklung besser strukturierter Promotions- bzw. Graduiertenkollegs genutzt und auch bei der Entwicklung von MA-Studiengängen berücksichtigt werden.

Die gegenwärtigen und für die nächsten vier Jahre geplanten Forschungsaktivitäten des LAI lassen sich in drei thematische Schwerpunkte bündeln: "Fragmentierte Moderne und gesellschaftliche Transformationsprozesse", "Globalität und Lokalität im transnationalen und -kontinentalen Austausch", "Frauen- und Geschlechterforschung", wobei Fragestellungen der letzteren auch in die ersten beiden Schwerpunkte zu integrieren sind.

Zwischen den Forschungsschwerpunkten bestehen Verbindungen, die sich aufgrund der Forschungsexpertise in den regionalen Schwerpunkten "Mexiko", "Brasilien" und "Andenraum" verdichten und auch in Zukunft das Profil des LAI prägen sollen. Zu Mexiko wird zusammen mit dem IAI und Kollegen der Universität Potsdam in einer interdisziplinären Forschergruppe zum Thema "Traditionsbrüche - Macht - Grenze, Umbrüche in Mexiko" gearbeitet. Ein entsprechender Antrag bei der DFG ist in Vorbereitung. Die regionale Schwerpunktsetzung Brasilien ist am LAI - im Vergleich zu anderen Einrichtungen - stark vertreten. Geplant ist über die vorhandene Kooperationsvereinbarung mit der Universität São Paulo hinaus im Rahmen des DAAD-Programms UNIBRAL ein Austauschsprogramm mit dem Arbeitstitel "Einheit und Vielfalt der Moderne" für Studierende, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.

Der Andenraum ist ebenso wie Mexiko in starkem Maße durch seine vorspanische Vergangenheit geprägt. Hier entwickelten sich unter spanischer Dominanz ethnisch hierarchisierte Kolonialgesellschaften, die schon in ihrer Konstitution "hybrid" waren. Mit der Schaffung ethnischer und kultureller Grenzen wurde gleichzeitig der Grundstein für ihre Ausdifferenzierung und Aufhebung geschaffen. Hierauf fokussiert das laufende, von der VW-Stiftung geförderte Projekt der Altamerikanisten "Die Konstruktion ethnischer und kultureller Identitäten in der kolonialen Stadt in Spanisch-Amerika am Beispiel von Trujillo, Peru (1534-1619)" (in Zusammenarbeit mit der Universität (UPAO) in Trujillo). In der heutigen Zeit sind die Prozesse in den Andenländern dadurch geprägt, dass die Globalisierung die vorher relativ gefestigten ethnisch und kulturell bestimmten Herrschaftsverhältnisse aufbricht. Mit den durch ethnische, geschlechtsspezifische und kulturelle Hierarchisierungen geprägten, konkurrierenden Modernisierungsprojekten befassen sich seit geraumer Zeit Forschungen, die in Kooperation mit dem Instituto de Estudios Peruanos (IEP) in Lima durchgeführt und publiziert werden.

Zugleich gilt es, andere regionale Entwicklungen (z.B. im pazifischen Raum oder in den Beziehungen innerhalb der "Americas" sowie im Rahmen der Süd-Süd-Beziehungen) zu vertiefen und sowohl durch Kooperation innerhalb der FU als auch mit internationalen Forschergruppen zu verstetigen. Die Diskussion des Zusammenhangs mit dem "pazifischen Raum" bietet sich hier z. B. für die Andenländer verstärkt an. Die Altamerikanisten sind aus diesem Grund an einem vom japanischen Wissenschaftsministerium geförderten Projekt der Universität Osaka ("Peoples and Cultures on the Pacific Rim") beteiligt, in das mexikanische Forscher integriert sind. Auch in Brasilien ist der pazifische Einfluss durch die japanische Immigration spürbar, doch bietet sich hier stärker der "atlantische Raum" als Bezugshorizont an. Die am LAI vertretene Karibistik reflektiert daher zusammen mit dem Brasilienschwerpunkt die Bedeutung des "Black Atlantic" für neue, nicht eurozentrische Perzeptionen des Kontinents.

Einen zusätzlichen regionalen Arbeitsbereich bildete viele Jahre Mittelamerika und stellt derzeit Kuba dar, dessen Weg in die Moderne im Kreuzungspunkt der Großräume Europa, Nordamerika, Afrika und Lateinamerika lag. Das staatssozialistische Projekt nach 1959 ging dabei einher mit der Herausbildung neuer hybrider Strukturen auf ökonomischer, gesellschaftlicher, politischer und kultureller Ebene, die sich unter dem hohen Transformationsdruck seit 1989 rasch verändern.

Seit 1982 besteht am LAI der Forschungs- und Lehrschwerpunkt "interdisziplinäre Geschlechterforschung " mit Schwerpunkt Lateinamerika. Dabei wurde - meist in Kooperation mit anderen Professuren an der FU - auch über andere Regionen geforscht.

Die interdisziplinäre Geschlechterforschung hat wesentlich das Profil des Lateinamerika-Institutes mitgeprägt. Sie hat sich auch in der internationalen Diskussion als ein besonders innovativer interdisziplinärer Zugang zur Untersuchung der Bedeutung von Geschlechterordnungen und -konstruktionen für das Verstehen kultureller Dynamiken und gesellschaftlicher Transformationsprozesse in Lateinamerika herausgestellt. Zugleich können die theoretischen Ansätze (feministische Theorie, Gendertheorie, Queer Theory) sowie die methodischen Zugänge (u.a. qualitative Sozialforschung, Diskursanalyse) der Geschlechterforschung auch für Analysen anderer Bereiche fruchtbar gemacht werden.

Um die Dynamiken der Geschlechterkonstruktionen in Lateinamerika analysieren und verstehen zu können, orientieren sich die Themenschwerpunkte der Geschlechterforschung am Lateinamerika-Institut an dem Zusammenspiel des Konzeptes von Raum (spatial turn) und Bewegungen. Im Rahmen dieser Referenzkoordinaten haben sich folgende Themenschwerpunkte entwickelt:

„Symbolische Repräsentationen und Transkulturalität“, „Transnationale Räume und Öffentlichkeiten“, „Politische Kulturen und Bewegungen“, „Gewalt und Rechtsbeziehungen“, „Virtualität und Medialität“ und „Wissenszirkulationen“.

Im Bereich dieser Themenschwerpunkte finden regelmäßig Forschungsprojekte, internationale Kooperationen, Kolloquien, Lehrveranstaltungen und Konferenzen am LAI statt. Derzeit ist die Geschlechterforschung durch folgende Wissenschaftlerinnen am LAI vertreten: Prof. Dr. Anja Bandau, Andrea Blumtritt M.A., Rike Bolte M.A., Prof. Dr. Marianna Braig, Jessica Gevers M.A., Dr. Karoline Noack, Dr. Stephanie Schütze und PD Dr. Martha Zapata Galindo

Ebenfalls seit vielen Jahren besteht am LAI der eigene Bereich der Übersetzerwerkstatt, an deren Aufbau und Weiterentwicklung namhafte Übersetzer/innen beteiligt waren und sind.

 

 

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