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Religionsethnologie

Die Religionsethnologie zählt zu den „klassischen“ Teilgebieten der Ethnologie. Seit ihren Anfängen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Religion im Zuge des Evolutionismus als Zwischenstufe zwischen Magie und Wissenschaft bei „primitiven“ isolierten „Stammesvölkern“ untersucht wurde, haben Themen- und Untersuchungsgegenstände sowie Forschungsmethoden eine umfassende Neuorientierung erfahren. So beschäftigt sich die Religionsethnologie heute nicht mehr mit „fremden“, „exotischen“ Glaubensvorstellungen von Menschen in entlegenen Regionen der Welt, sondern untersucht religiöse Praktiken und deren gesellschaftliche Interdependenzen innerhalb sozialer und kultureller Ordnungen und im Kontext von Migration, Transnationalität und Diaspora.

(c) Ingrid Kummels

Im Mittelpunkt steht die empirische Erforschung von rituellen Handlungen, Zeremonien, Mythologien, Symbolen, Weltbildern von religiösen Akteur/inn/en und/oder religiösen Gemeinschaften und deren Organisationsstrukturen. Welche religiösen Praktiken üben Menschen aus? Wie führen sie diese durch, und welche Bedeutung haben sie im Alltag? Wie verändern sich diese religiösen Praktiken in Raum und Zeit sowie in interkulturellen und –religiösen Kontaktsituationen? Mit welchen kolonialen Vergangenheiten und gegenwärtigen sozialen Ordnungen und politischen Herrschaftssystemen sind sie verbunden?

Die Religionsethnologie Lateinamerikas und der Karibik am LAI untersucht indigene und afroamerikanische Religionen, katholische, protestantische und pfingstlerische Glaubensgemeinschaften sowie so genannte „Reformreligionen“ und „Neue religiöse Bewegungen“ und deren wechselseitige Einflüsse in historischer Perspektive. Die Themenschwerpunkte reichen von kolonialen Dynamiken bis hin zu gegenwärtigen Prozessen religiöser Globalisierung, in der Religionen zunehmend in Verbindung mit Migration, transnationalen Netzwerken und neuen Medien untersucht werden.

(c) Claudia Rauhut

Religiöse Gemeinden und Kirchen gestalten u. a. die städtische Sozialpolitik und damit die Lebensbereiche von Familie, Bildung und Gesundheit wesentlich mit. Veränderte Feldforschungssituationen erfordern neue Methoden der Datengewinnung, die in Lehre und Forschung fortwährend methodenkritisch weiterentwickelt werden. Die Religionsethnologie ist dabei stets bemüht, der Vielfalt religiöser Phänomene und Praktiken, fernab jeglicher Klassifizierung und Hierarchisierung von Religionen, Rechnung zu tragen.

 

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