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"Pachacútec des 3. Jahrtausends"?

Die Bezeichnung „Pachacútec des 3. Jahrtausends“ kommt hier nicht von ungefähr. Es ist eines von vielen einzelnen Teilchen in einem umfassenden Strategiegeflecht, mit welchem zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Peru Wahlwerbung betrieben wurde.

Der damalige Präsidentschaftskandidat Alejandro Toledo repräsentierte sich dabei auf eine ganz besonders symbolträchtige Art und Weise. Gestützt auf sein „andines“ Aussehen zeigte er sich dem Volk gerne als eine Art legitimer Nachfolger der Herrscher früherer inkaischer Großreiche. Man verbreitete gern den Mythos, dass Toledo die Inkarnation des Pachakutiq Inka Yupanki sei, der in den Geschichtsbüchern als der Vereiniger und große Reformer des alten Inkareiches beschrieben wird.

Somit machten er und seine Frau Eliane Karp sich schon während seines gesamten Wahlkampfes von 1998 – 2001, die Tatsache, dass er indigene Wurzeln hat, weitgehend politisch zu Nutze. Am Ende sollte es sich auszahlen, denn Toledo konnte die Wahlen letztendlich für sich entscheiden. Doch dies war ihm letztendlich nicht genug, denn der eigentliche Höhepunkt sollte noch kommen.

Beispielbild:

Alejandro Toledo im Wahlkampf www.jamd.com/image/g/820321 (18.07.2008)

Die Zeremonie der "Inthronisation"

Am Sonntag, den 29. Juli 2001, einen Tag nach seiner offiziellen Amtsübernahme, versuchte sich der neue peruanische Präsident ganz besonders in Szene zu setzten. Unter der Führung von Eliane Karp veranstaltete man in Machu Picchu und Sacsayhuamán eine höchst fragwürdige Zeremonie, die wohl eine Art „Inthronisation“ Toledos von Seiten der apus und nach andinem Muster darstellen sollte, sich aber nur bedingt an den alten inkaischen Bräuchen orientierte. Die Gäste, die sich der neue Präsident für diesen Event einlud waren nicht weniger bescheiden als sein vermutliches Anliegen. So kamen unter anderem Repräsentanten diverser lateinamerikanischer Staaten sowie Minister und Funktionäre bis hin zum Prinzen von Asturien, als Vertreter des spanischen Königshauses.

Inmitten der Ruinen der alten Inkastadt Machu Picchu sprachen dann der Präsident Alejandro Toledo und seine Frau Eliane Karp verschiedene Gebete auf quechua, welche er für seine mitgereisten politischen Gäste und nicht zuletzt für die Journalisten folgendermaßen erläuterte: Er sei hier hergekommen um ein Versprechen gegenüber den heiligen Naturgeistern (apus) und der Mutter Erde (pacha mama) in dieser heiligen Stadt einzulösen, indem er ihnen seine Referenz erweise. Die anwesenden "Inka"-Priester aus Cuzco sollten dem ganzen Spektakel letztendlich einen ernstzunehmenden Anstrich geben. Sie unterstrichen dies, indem sie Kokablätter opferten sowie durch rituelles Trinken von chicha, das sie jeweils in Richtung der sie umgebenden Berge spuckten. Außerdem entzündeten sie noch ein großes Brandopfer für die Götter. Das Ganze war umrahmt von einer Folklore - Show mit ländlichen Tänzen und Gesängen. Dabei überreichten acht Paare, je zwei aus jedem der vier suyos, den „Bezirken“ des alten Inkareiches, dem neuen Präsidenten symbolische Geschenke. Außerdem bekam Toledo eine mit Gold beschlagene Replik einer so genannten Ritualaxt, ähnlich wie sie die Herrscher zu Zeiten der Inka besaßen.

Eliane Karp, die bei der gesamten Inszenierung als federführend galt, behauptete mit den apus in Kontakt zu sein und sagte für all jene bessere Zeiten voraus, die während der Jahrhunderte Widerstand geleistet und für den Erhalt der Kultur gekämpft hätten. Toledo gab dann noch seinen "Segen" für eine reiche Ernte im nächsten Jahr und dankte den apus dafür, dass sie ihm Mut gegeben haben.

Sigrid Schütze