Kleine Chronik der Aufbrüche und Umbrüche
1962 Zwischen Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Politik, insbesondere zwischen Mitgliedern verschiedener Institute der Freien Universität Berlin sowie des Ibero-Amerikanischen Instituts, entwickelt sich ein intensiver Austausch über die angestrebte Errichtung eines lateinamerikanischen Zentrums in Berlin.
1963 An einigen Universitäten in Süd- und Nordamerika weckt die Idee, in Berlin ein lateinamerikanisches Zentrum aufzubauen und den transatlantischen Austausch zu fördern, reges Interesse.
1964 Laut Beschluss vom Januar 1964 wird rückwirkend zum Beginn des Wintersemesters 1963/64 eine Abteilung für Latein-Amerika am Romanischen Seminar der Freien Universität Berlin eingerichtet, die in Anbetracht der Bemühungen der beteiligten Personen im Verlauf der 1960er-Jahre in ein eigenständiges interfakultatives Institut umgewandelt werden sollte.
1969 Das im August erlassene neue Berliner Hochschulgesetz schafft günstigere rechtliche Voraussetzungen zur Gründung interdisziplinärer Zentralinstitute und ermöglicht die Zusammenführung bislang getrennt voneinander verlaufender Aktivitäten.
1970 Im Anschluss an einen Beschluss des Kuratoriums der Freien Universität Berlin werden Anfang Juni Wahlen zu Kollegialgremien im geplanten Lateinamerika-Institut durchgeführt.
1970 Am 16. Juni findet die konstituierende Sitzung des Institutsrats statt, der fortan alle 14 Tage im Bibliotheksraum in der Brucknerstraße in Berlin- Lankwitz tagen soll. In der Folgesitzung legen die Mitglieder fest, dass die als Zentralinstitut 3 (ZI 3) bekannte Einrichtung den offiziellen Namen „Lateinamerika-Institut“ erhält.
1970/1971 Die durch ein Flugblatt und weitere Meinungsverschiedenheiten zwischen den Institutsmitgliedern ausgelösten Debatten münden bereits Ende Juni in einen tiefgreifenden Konflikt, der vier Personen zum Austritt aus dem Institutsrat bewegt und wenig später zum Weggang dreier Gründungsprofessoren führt.
1970 Im November legt das Lateinamerika-Institut der Zentralen Entwicklungs- und Planungskommission einen Entwicklungsplan vor, der den vollen Ausbau der sieben Disziplinen Altamerikanistik, Geowissenschaften, Geschichtswissenschaft, Literaturwissenschaft und Philosophie, Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften vorsieht.
1971 Im April zieht das Lateinamerika-Institut in das ehemalige Reichsknappschaftsgebäude an den Breitenbachplatz.
1973 In Anbetracht der vielfach im Institutsrat thematisierten angespannten politischen und gesellschaftlichen Lage in Südamerika und der Konsequenzen der Diktaturen finden ausgewiesene Wissenschaftler etwa aus Chile eine vorübergehende Beschäftigung am Lateinamerika-Institut.
1973 Die institutseigene Publikationsreihe „Materialien zur Lehre und Forschung“ wird erstmals mit zwei Beiträgen über die Agrarreform in Peru und die Bildungspolitik im Rahmen des wirtschaftlichen Integrationsprozesses in Zentralamerika veröffentlicht.
1980 Am Institut werden die Grundlagen für die Frauen- und Geschlechterforschung gelegt, die unter anderem durch die seit 1984 durchgeführten Arbeitstagungen vorangetrieben wird.
1985 Der Westberliner Wissenschaftssenator plant die Entsendung einer internationalen Expertenkommission zur Erarbeitung von Vorschlägen für die Zukunft des Lateinamerika-Instituts, was in der Folge die Gerüchte um dessen mögliche Auflösung nährt.
1988 Das Kuratorium der Freien Universität Berlin entzieht dem Lateinamerika- Institut die Zuständigkeit für das Fach Lateinamerikanistik, woraufhin die Studierenden das Institut besetzen und damit im Wintersemester eine Protestwelle an den Westberliner Hochschulen auslösen.
1990er-/2000er-Jahre Die Freie Universität Berlin verleiht unter Mitwirkung des Lateinamerika-Instituts unter anderem dem brasilianischen Soziologen und Staatspräsidenten Fernando Henrique Cardoso (1995), dem Historiker Friedrich Katz (2002) und dem mexikanischen Schriftsteller Carlos Fuentes (2004) die Ehrendoktorwürde.
2004 Die Mitglieder des Lateinamerika-Instituts überreichen dem Präsidenten der Freien Universität Berlin und dem Berliner Wissenschaftssenator 298 Solidaritätsbriefe und eine Liste mit zahlreichen Unterschriften gegen die zuvor diskutierten Mittel- und Personalkürzungen.
2005 Das Lateinamerika-Institut verliert seine Bibliothek. Der Bestand wird in die neu erbaute Philologische Bibliothek überführt.
2005 Im Zuge der Bologna-Reform treten das 30-Leistungspunkte-Modulangebot „Lateinamerikastudien“ und der Masterstudiengang „Interdisziplinäre Lateinamerikastudien“ in Kraft, der 2016 akkreditiert wird.
2020 Die 50-Jahr-Feiern des Lateinamerika-Instituts sowie der Lehr- und Forschungsbetrieb werden von der weltweiten Coronavirus-Krise überschattet.