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Studentischer Aktivismus im Wandel der Zeit

Im Mai 2018 analysierten Institutsmitglieder und weitere interessierte Personen unter anderen per Videokonferenz mit Studierenden aus Nicaragua die aktuelle Situation in dem zentralamerikanischen Land.

Im Mai 2018 analysierten Institutsmitglieder und weitere interessierte Personen unter anderen per Videokonferenz mit Studierenden aus Nicaragua die aktuelle Situation in dem zentralamerikanischen Land.
Bildquelle: Stefan Rinke

Auszug aus der Resolution der Vollversammlung der Studierenden vom April 1972.

Auszug aus der Resolution der Vollversammlung der Studierenden vom April 1972.
Bildquelle: FU Berlin, UA, ZI LAI, Institutsrat 1970-1974, Resolution der Vollversammlung der Studenten des Lateinamerika-Zentralinstitut, S. 1.

Vorladung zum Streiktribunal vom Dezember 1976.

Vorladung zum Streiktribunal vom Dezember 1976.
Bildquelle: FU Berlin, UA, ZI LAI, Institutsrat 1976-1977, Vorladung zum Streiktribunal.

Ohne das Engagement der Studierendenschaft würde das Lateinamerika-Institut in seiner aktuellen Gestalt vermutlich nicht existieren. Kurz nachdem die erste Krise direkt nach der Institutsgründung überwunden schien, ließ die Resolution der studentischen Vollversammlung die Debatten um die Zukunft des Instituts im April 1972 erneut aufleben. Dabei stand der Protest gegen die politische Disziplinierung von Hochschulmitgliedern im Fokus. Die Beteiligten kritisierten nicht allein die Mittelkürzungen für Tutorien, sondern auch die damit verbundene Unterbindung alternativer Lehre, die ihrer Auffassung nach marxistisch und progressiv sein sollte.20

Während die Studierenden bereits Anfang der 1970er-Jahre versuchten, das Lehrpersonal von der Notwendigkeit ihrer Streiks zu überzeugen, gelang ihnen dies 1976 zumindest teilweise. Im Dezember erhielten die Lehrenden vom Militanten Streikrat eine Vorladung zum Streiktribunal. In diesem Zusammenhang erklärten die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer eigenen Resolution, dass sie die Forderungen der Studierenden nicht allein für gerechtfertigt hielten, sondern diese auch unterstützten. Mit dem Boykott von Lehrveranstaltungen verfolgten die Studierenden in diesem Moment die Absicht, Verbesserungen der Ausbildungsförderung und der Studienbedingungen im Allgemeinen herbeizuführen und gegen die mit dem Grundgesetz unvereinbare politische Überprüfung von Hochschulangehörigen zu protestieren.21

Im Winter 1988/89 sorgte der studentische Aktivismus für einen weiteren Bruch. In diesem Moment brachten die Studierenden in der gesamten Stadt ihre Unzufriedenheit mit vollen Hörsälen, verbesserungswürdigen Studienbedingungen und der vorherrschenden Wohnungsnot über Monate zum Ausdruck. Anlass zu Protesten gaben insbesondere die geplanten universitätsinternen Umstrukturierungen, zu denen am Lateinamerika-Institut der drohende Verlust der Zuständigkeit für das Fach Lateinamerikanistik zählte. Das wollten die Studierenden verhindern.22

Der Einsatz der Studierenden für ihre Belange und die Interessen ihrer Generation sowohl in Berlin als auch in Lateinamerika dauert bis in die heutigen Tage fort. Besonders deutlich stellen dies die jüngsten Solidarisierungsaktionen unter anderem mit den in Ayotzinapa und Nicaragua getöteten und verfolgten Studierenden unter Beweis.

 

20 FU Berlin, UA, ZI LAI, Institutsrat 1970-1974, Resolution der Vollversammlung der Studenten des Lateinamerika-Zentralinstitut, S. 1.
21 FU Berlin, UA, ZI LAI, Institutsrat 1976-1977, Resolution der wissenschaftlichen Mitarbeiter des Lateinamerika-Instituts (10.12.1976).
22 Reeck, Helga, „,Linke Tendenz‘ ergibt sich aus der Forschung. Die Änderungen am Lateinamerikainstitut waren einer der Auslöser der Studentenproteste“, in: Der Tagesspiegel (Berlin, 28.12.1988).