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Renaissance und Neuerfindung inkaischer Repräsentationsformen (1675 - 1750)

Mit der spanischen Hofierung der Nachkommen einflussreicher Inkafamilien institutionalisierte sich im Vizekönigreich Peru aber auch der post-inkaische Adel, der sich im Sinne eines symbolischen Unterstreichens gesellschaftlichen Prestiges gerne mit Porträtierungen der inkaischen Vorfahren schmückte. Aus diesem Grund gehörte der post-inkaische Adel bei Eintritt ins 18. Jahrhundert und mit der zunehmenden Institutionalisierung der Cusco-Malschule zu den häufigsten Auftraggebern von bildlichen Darstellungen einflussreicher inkaischer bzw. post-inkaischer Persönlichkeiten. Aber auch kreolische und spanische Eliten umgaben sich gerne mit inkaischer Symbolik. Gerade der Besitz von Porträtdarstellungen und Bilderserien früherer Inkaherrscher befriedigte die mit der Eroberung der neuen Welt entstandene Neugier nach Exotischem. Gleichzeitig diente die bildliche Darstellung genealogischer Abfolgen den kreolisch-spanischen Eliten zur Legitimation des eigenen Machtanspruchs. Denn die Existenz des präkolumbischen Staates konnte dadurch als Teil eines evolutionären Prozesses dargestellt werden, dessen Ende in einen natürlichen Übergang zur spanischen Herrschaft mündete. Jene Darstellungsabsicht ist deutlich in vielen Porträtserien zu erkennen, bei denen die letzte der damaligen Zeit am nächsten stehende Herrscherfigur als spanischer Eroberer Francisco Pizarro zu erkennen ist. Auf jene folkloristische Art und Weise, die sich nicht nur in der Bildenden Kunst, sondern auch in regelmäßig stattfindenden Karnevalsumzügen und religiösen Prozessionen manifestierte, bei denen die genealogische Abfolge von Herrschern der Inkadynastie mit Hilfe von Kostümen und Musik von indigenen Eliten nachgespielt wurden,  kann in der Zeit von 1675 -1760 von einer in der vielschichtigen Gesellschaft des kolonialen Perus forcierten Renaissance inkaischer Repräsentation gesprochen werden.

Martina Buschmann