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Bericht zum ersten Workshop im Rahmen des Probral-Projekts Wissenszirkulationen zwischen Brasilien und Europa: Akteure und Wissensbestände von der frühen Globalisierung bis in die Gegenwart“

Porto Alegre, 24.09.2013

Am 24.09.2013 fand an der Pontifícia Universidade Católica do Rio Grande do Sul (PUCRS) der Auftaktworkshop des Probral-Kooperationsprojekts von LAI und PUCRS zum Thema „Wissenszirkulationen zwischen Brasilien und Europa: Akteure und Wissensbestände von der frühen Globalisierung bis in die Gegenwart“ statt. Das durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Coordenação de Aperfeiçoamento de Pessoal de Nível Superior (CAPES) finanzierte Projekt ermöglicht Forschungsaufenthalte von deutschen und brasilianischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am jeweils anderen Standort. Bei dem Workshop diskutierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler aus Berlin und Porto Alegre Aspekte ihrer aktuellen Forschungsprojekte mit den Historikern Flávio Heinz, Jurandir Malerba, René Gertz und dem Archäologen Klaus Hilbert (alle PUCRS).

Ausgehend von den Debatten um Wissenszirkulationen in einer globalisierten Welt wendet sich das Kooperationsprojekt den Beziehungen zwischen Brasilien und Europa zu. Diese transnationalen Wissenszirkulationen lassen sich in zwei analytische Ebenen unter­gliedern: zum einen die der Akteure als Träger und Vermittler des Wissens, die sich an der Initiierung, dem Ausbau und der Aufrechterhaltung von Wissensflüssen beteiligten oder von diesen profitierten; zum anderen die Zirkulation von Ideen, Konzepten und Repräsentationen sowie die Regulierung von Wissen. Diese beiden Analyseebenen sollen im Rahmen der Forschungskooperation in vier Themenbereichen untersucht werden: 1. Staat und Wissenspolitik; 2. Wissenschaftliches Wissen im atlantischen Kontext; 3. Intellektuelle, Ideentransfers, Rezeptionsgeschichte und Translation; 4. Migration, Wissen und Lebenswelt.

Tiago Weizenmann (PUCRS) wählte in seinem Vortrag über Karl von Koseritz aus Rio Grande do Sul einen biographischen Ansatz zur Untersuchung von Wissenszirkulationen. Koseritz stand in engem Kontakt mit den Wissenschaftlern der Jenaer Schule um Ernst Haeckel und mit der Escola de Recife um Sílvio Romero und Tobias Barreto und fungierte unter anderem als wichtiger Vermittler evolutionistischer Ideen. Frederik Schulze (WWU Münster/FU Berlin) untersuchte in seinem Vortrag die im Deutschland der Zwischenkriegszeit produzierten Wissensbestände über das „Auslandsdeutschtum“ und deren Rezeption durch deutsche Einwanderer und deren Nachfahren in Brasilien. Dabei stellte er heraus, dass die deutschen, mehr und mehr völkisch geprägten Vorstellungen keineswegs einfach übernommen wurden, sondern Gegenstand von Aushandlungen waren bzw. Ablehnung erfuhren. Georg Fischer (FU Berlin) diskutierte den im Kontext der Weltausstellungsbewegung begründeten Internationalen Geologiekongress als konkreten Ort von Wissensproduktion und –zirkulation. Besonders konzentrierte er sich auf die Asymmetrien zwischen nordatlantischen Wissenszentren und den kolonisierten bzw. postkolonialen Ländern wie Brasilien sowie auf die sukzessive Integration neuer Wissensfelder wie der angewandten Geologie. Debora Gerstenberger (FU Berlin) stellte anhand von ausgewählten Archivquellen methodisch-theoretische Überlegungen zur Untersuchung der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung in die Arbeit der Sicherheitsbehörden während der brasilianischen Militärdiktatur vor. Sie schlug eine Akteur-Netzwerk-Perspektive (Bruno Latour) vor, um die Rolle technischer Artefakte und des Wissens über sie zu erforschen. Auch Marcelo Vianna (PUCRS) beschäftigte sich mit der Geschichte der EDV in Brasilien. Im Mittelpunkt stand der Versuch des brasilianischen Staates ab den 1970er Jahren, den Import neuen technischen Wissens zu organisieren und gleichzeitig die nationale Autonomie auf dem Gebiet der neuen Informationstechnologien zu stärken.

 

Der Folgeworkshop im Rahmen des Probral-Kooperationsprojekt ist für Sommer 2014 in Berlin geplant. Für Ende 2014 ist ein gemeinsamer Sammelband geplant.

 

Workshop-Programm

Projeto de Cooperação Internacional PROBRAL CAPES-DAAD

„Circulação de saberes entre Brasil e Europa: atores e ideias desde a globalização oitocentista até o presente“

 

1o Colóquio integrador de equipes de pesquisa

PUCRS, Porto Alegre, 24/9/2013

Auditório do Prédio 3, sala 307 à 13h30min

 

Tiago Weizenmann (PUCRS): O debate cientificista em Karl von Koseritz: considerações sobre a circulação de saberes entre Brasil e Europa no século XIX

Frederik Schulze (WWU Münster/FU Berlin): Circulação de saberes: o caso da imigração alemã no Brasil

Georg Fischer (FU Berlin): História dos saberes vs. História da ciência: o Congrès Géologique International, 1878-1913

Debora Gerstenberger (FU Berlin): Circulação de saberes e circulação de suspeitos: a computarização do Serviço Nacional de Informações (SNI) nas décadas 70 e 80

Marcelo Vianna (PUCRS): Em busca de uma autonomia tecnológica no campo da Informática brasileira nos anos 1970 através da Comissão de Coordenação de Atividades de Processamento Eletrônico – notas de uma pesquisa

 

Mediação: Prof. Flávio M. Heinz

Comentários: Profs. René Gertz, Jurandir Malerba, Klaus Hilbert