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Heritage Studies

Austausch zwischen indigenen Expert*innen aus dem Gebiet des Alto Río Negro und Forscher*innen im Ethnologischen Museum zu den dort aufbewahrten "Ethnographica"

Austausch zwischen indigenen Expert*innen aus dem Gebiet des Alto Río Negro und Forscher*innen im Ethnologischen Museum zu den dort aufbewahrten "Ethnographica"
Bildquelle: Ingrid Kummels

Heritage Studies untersuchen das Beziehungsgeflecht zwischen Menschen und dem, was sie als Natur- und Kulturerbe zu bewahren bestrebt sind. Bei der Auseinandersetzung mit dem Erbe der Vergangenheit geht es stets darum die Gegenwart zu gestalten und die Zukunft aufzubauen. Lange Zeit haben die Regierenden von Nationalstaaten mit Archiven und Museen, die auf ihre Bedürfnisse hin entstanden und staatlich finanziert wurden, das Bild von einem Natur- und Kulturerbe geprägt, das es primär für „die Nation“ oder für „die Menschheit“ zu konservieren, zu ordnen, zu archivieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen galt. Doch ist unter anderem im Zuge des archival turn folgendes kritisch reflektiert worden: die räumliche, soziale und epistemische Trennung, die Sprach- und Musikaufnahmen sowie Artefakte aller Art aufgrund der Sammeltätigkeit dieser Institutionen von den aktuellen Repertoires und ihren Träger-Gesellschaften erfahren haben.

Der Austausch und die Debatte zwischen unterschiedlichen Interessensgruppen über solche umstrittenen Erbbestände haben kollaborativen Ansätzen den Weg gebahnt. Diese wenden sich den Natur- und Kulturerben zu, um sie ausgehend von den archivarischen Praktiken des Alltags in neuen, gleichberechtigten Konstellationen der Zusammenarbeit zwischen diesen Interessensgruppen – und insbesondere mit den so genannten source communities bzw. Urhebergesellschaften – zu aktivieren und mit Ausrichtung auf die Zukunft nachhaltig zu nutzen. Auf der lokalen Ebene engagieren sich Eigeninitiativen von Gemeinschaften in Alltagspraktiken des Archivierens sowie in der Revitalisierung von Natur- und Kulturerbe. Sie tun dies über Landwirtschaft, Handwerk, Kunst, Musik, Tanz, Fotografie, Film und viele weitere Aktivitäten mit Blick auf ihre jeweiligen kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und (identitäts)politischen Anliegen.

In der Altamerikanistik/Kulturanthropologie des Lateinamerika-Instituts wird seit Jahrzehnten über Natur- und Kulturerbe und vielfältige Formen von deren Restitution/Repatriation gelehrt und geforscht. Zu Letzteren zählen der Austausch über sowie die Weitergabe von Wissen, archivarischen Praktiken und Infrastruktur.