Projektbeispiel GESOREN (GIZ)
Förderung der lokalen Wertschöpfungsketten im Kaffee-, Bananen-, Holz- und Kakaoanbau in Ecuador.
Dieses Projektbeispiel zeigt die Praxis entwicklungspolitischer- und ökonomischer Einflussnahme und zeigt anhand des Beispiels Programa Gestión Sostenible de los Recursos Naturales, (Nachhaltiges Management natürlicher Ressourcen) kurz: GESOREN, der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wie Instrumente in der Entwicklungspolitik im Hinblick auf Nachhaltigkeit eingesetzt werden. Analysiert wird, welche Zielsetzungen für Nachhaltigkeit verfolgt werden und wie Entwicklung als Begriff jeweils verstanden und beurteilt wird.
Projektbeschreibung
Das Projekt GESOREN der GTZ (heute GIZ), welches von 2003 (bis 2006 Phase I, aktuell Phase IV) bis 2014 in Ecuador in den Gebieten Chachi und Ambato durchgeführt wird, eignet sich für eine detaillierte Analyse eines entwicklungspolitischen Ansatzes.
GESOREN hat sich zum entwicklungspolitischen Ziel gesetzt (i) die effiziente Inwertsetzung der lokalen Ökonomie, (ii) die Produktion und die Vermarktung von umwelt- und sozialverträglichen Produkten zu fördern und (iii) einen organisatorischen, institutionellen und politischen Rahmen zu schaffen, in dem die beiden ersten Punkte verwirklicht werden können (Kosmus und Lutz 2003). Aus einer Evaluation des Projektes gibt es folgende Zusammenfassung der zentralen Zielsetzung von GESOREN:
„La economía socio-ambiental constituye, de este modo, el enclave estratégico del programa. Por medio de su instrumental se fomenta el incremento del valor de las áreas naturales a través del aprovechamiento sostenible de los recursos naturales, introduciendo el pago por servicios ambientales de tal forma que favorezca el desarrollo y el bienestar de la población local.“ (Kosmus/Lutz 2003: 19/ H.i.O.)
(Übersetzung: Die soziale und umweltverträgliche Ökonomie macht damit das strategische Ziel des Programms aus. Mit Hilfe der Instrumente wird die Inwertsetzung natürlichen Lebensraumes gefördert durch nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen, wie durch die Einführung einer Vergütung für den Naturschutz, der so Entwicklung und Wohlfahrt der lokalen Bevölkerung ermöglicht.)
Zusammengesetzt aus unterschiedlichen Projektteilen haben die jeweiligen Projektteile von GESOREN eine unterschiedliche Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. In Abbildung 1 wird deutlich, dass zwei Komponenten (1 und 4) im Schwerpunkt auf ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Die Komponente (2) hingegen hat den Schwerpunkt finanzieller Nachhaltigkeit und fokussiert auf die Förderung von Wertschöpfungsketten. Komponente 3 hingegen hat politische und institutionelle Nachhaltigkeit im Fokus, um den erfolgten Maßnahmen einen adäquaten politischen Rahmen zu schaffen, welcher eine längerfristige Implementierung garantiert. Versteht man dies zur Sicherung erreichter Ziele und damit der Nachhaltigkeit ausgegebener Mittel, so kann auch diese Komponente unter dem Aspekt finanzieller Nachhaltigkeit betrachtet werden.
Abbildung 1: Projektaufbau von GESOREN in Phase IV
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Organigramm GESOREN, 2011.
Im Folgenden soll die das Verständnis von finanzieller Nachhaltigkeit näher betrachtet werden. Ziel dieser Komponenten ist es, die Einkommen der kleinbäuerlichen Familien zu erhöhen und damit zur wirtschaftlichen Entwicklung Ecuadors beizutragen. Maßgabe ist dabei die Förderung der Produktion von Waren, welche umwelt- und sozialverträglich hergestellt und international gehandelt werden können. Im Laufe des Projektes gab es durch die wechselnde Organisationsform innerhalb GESORENs unterschiedliche Komponenten, welche auf die Wertschöpfungsförderung ausgerichtet waren: Proyecto de Producción Agropecuaria y Comercialización (PAC), Calidad y Accesso al Mercado (CAM).
Für das Ziel der Wertschöpfungskettenförderung zeigt folgendes Zitat aus einer Auswertung der ersten Phase die genaue Ausrichtung:
„El componente Calidad y Acceso a los Mercados CAM (alte Bezeichnung der Componente 2, A.d.A.) tiene como objetivo que organizaciones de pequeños productores/as con productos especiales, ambientalmente amigables y socialmente justos mejoren la calidad de producción y el acceso a mercados internacionales a través de cadenas de valor más eficientes y con esto incrementen significativamente sus ingresos. El ámbito de trabajo del componente abarca principalmente la cadena del café, cacao y madera.” (Flores 2007)
(Übersetzung: Die Komponente CAM, Qualität und Marktzugang (alte Bezeichnung der Komponente 2, A.d.A.), hat zum Ziel, dass Organisationen von Kleinproduzenten mit spezialisierten Produkten, welche umwelt- und sozialverträglich sind, ihre Qualität in der Produktion und den Marktzugang durch effizientere Wertschöpfungsketten verbessern und damit signifikant ihre Einkommen erhöhen. Der Bereich auf den sich die Arbeit der Komponente bezieht sind im Wesentlichen die Ketten von Kaffee, Kakao und Holz.)
Die Förderung der Wertschöpfung durch Zertifizierung mit Bio-Siegeln, einer differenzierteren Produktion und der Inwertsetzung der hergestellten Waren durch verbesserte und zusätzliche Verarbeitungsschritte ist im Projekt GESOREN die aktuelle Strategie zur Erreichung der Entwicklungsziele. Die Förderung der Wertschöpfungsketten und die Verbesserung der Einkommenssituation fällt organisatorisch in die Komponente 2, ist jedoch eine Querschnittsaufgabe für alle Orte. In 2011 gab es in der Komponente spezielle Verantwortliche für Holz und Kakao, neben den Personen, die allgemein zu Wertschöpfungsketten arbeiten.
Evaluierung des Projekts auf die formulierten Entwicklungsziele
Für die Jahre 2003 bis 2006 war für den Teil CAM (Verbesserung der Qualität und des Zugangs zu Absatzmärkten) aus dem Projektteil PAC ein Volumen von bis zu 11.766.000 € vorgesehen. Aus verschiedenen Publikationen (Weißkopf 2007, Flores 2007) kann die Wirkung der Verbesserung der Wertschöpfungsketten durch Zertifizierung und Zugang zu Märkten untersucht werden.
23 000 Familien haben an dem Programm 2006 teilgenommen, wovon 10 140 Familien ihren Zugang zum Markt durch Produktdiversifikation verbessern konnten (Weißkopf 2007). Der Export von Kakao aus kleinbäuerlicher Produktion konnte um 500% gesteigert werden und konnte so für Ecuador insgesamt zum Anstieg des Exports von Kakao von 90 000 auf 120 000 t beitragen. 802ha nativer Wald sollten 2007 noch vom FSC zertifiziert werden und für die nachhaltige Holzwirtschaft genutzt werden (ebd.). Die Abbildung zeigt die Auswertung der entwicklungspolitischen Maßnahmen in Zahlen der teilnehmenden kleinbäuerlichen Familien. So gab es in allen Bereichen – bis auf Fair Trade (Comercio justo) – Steigerungen in der Teilnahme an Zertifizierungs- und Qualitätssteigerungsprogrammen.
Abbildung: Einfluss von CAM auf die Wertschöpfungskette der Produzenten von Kakao, Holz und Kaffee (in Haushalten)
Quelle: Weiskopf 2007,
Übersetzung: Orgánico: Bio-Siegel, Comercio Justo: Fair Trade, Rain Forest Alliance: Siegel der Rain Forest Alliance, Origen/Calidad: Vermarktungsstrategie über andere Herkunfts- und Qualitätssiegel.
In einer detaillierten Auswertung von 4 kleinbäuerlichen Produktionsgemeinschaften konnte gezeigt werden, dass in der Produktion von Kakao, Kaffee und Holz die Einkommen der kleinbäuerlichen Familien gestiegen sind (Flores 2007). Es wurde ebenso der Effekt berechnet, den die gestiegenen Einkommen auf das gesamtwirtschaftliche Einkommen Ecuadors haben, um den Effekt der entwicklungspolitischen Maßnahme auf Ecuador nachweisen zu können. Der hierzu berechnete keynesianische Multiplikator war bei allen Familien so, dass Effekte für die Wirtschaft Ecuadors berechnet werden konnten. Dieser keynsianische Multiplikator soll den Effekt in der Gesamtwirtschaft von Ecuador zeigen, den diese Einkommensverbesserungen durch die nun möglichen Mehrausgaben bewirkt haben.
Links und Quellen zum weiteren Lesen über GESOREN:
Homepage GIZ über GESOREN (aktuell): http://www.gtz.de/de/praxis/24399.htm
Komponente PAC aus GESOREN (2003-2006): http://gtz-proyectopac.org
Komponente CAM aus GESOREN (2003-2006): http://www.cadenasdevaloryppp.org/files/ecuador/varios/03Informeincremento_ingresos_Ene07_JF.pdf
Komponente CAM aus GESOREN (2003-2006): http://www.gtz.de/de/dokumente/es-gesoren-ecuador.pdf
Public Private Partnership im GESOREN (2006): http://www.cadenasdevaloryppp.org/files/ecuador/varios/01GTZ%20cooperacion%20con%20el%20sector%20privado.pdf
Auswertung des entwicklungspolitischen Ansatzes der Wertschöpfungsketten im Projekt GESOREN
Im Projektbeispiel GESOREN wurden lokale Wertschöpfungsketten von vornehmlich kleinbäuerlichen Produktionsbetrieben analysiert und wurde versucht durch Zertifizierung sowie besserer lokaler und globaler Vermarktung höhere Einkommen für die beteiligten Familien zu generieren. Dem Ansatz, welcher hier verfolgt wurde, liegt ein primär monetäres Verständnis von Entwicklung zugrunde. Entwicklung wird durch Einkommenssteigerung und erhöhten/verbesserten Output definiert. Eine Erweiterung erhält dieses Entwicklungsverständnis durch die Betonung von Umwelt- und Sozialverträglichkeit der Produktionsweise. Dabei wird ein Gewicht auf die ökologische Nachhaltigkeit im Zuge der Produktion wertgelegt. Durch die Betonung der umweltpolitischen Komponente im Projekt wird das durch den Wertschöpfungskettenansatz rein monetäre Entwicklungsverständnis um Aspekte aus der (Lebens-)Umwelt der beteiligten Kleinbauern ergänzt. So sollen Produktionssteigerungen nicht zu Lasten einer dauerhaften Umweltschädigung erreicht werden. Wachstum soll nicht zur Zerstörung der Lebensgrundlage der produzierenden Kleinbauern führen.
Durch die Strategie der Zertifizierung und Qualitätsstandardisierung wird auch eine Strategie der Absatzsteigerung und Preissicherung versucht, welche neben der Förderung von horizontalen linkages die regionale und globale Integration Ecuadors in die Absatzmärkte der Produkte fördern soll. Der hier zugrunde liegende makroökonomische Ansatz folgt einer Verbesserung der Einnahmen aus dem Außenhandel, durch höhere Preise und stabilere Absatzmärkte, da auch langfristige Absatzverträge mit festgelegten Preisen geschlossen wurden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Fokus in GESOREN auf einer monetären Entwicklung der kleinbäuerlichen Familien liegt. Als weiteres Ziel kann die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Ecuadors genannt werden, da durch die gestiegenen Einkommen und Konsumausgaben auch entwicklungspolitische Effekte im Land erwartet werden. Andere Formen von Entwicklung werden mit diesem Ansatz nicht bedacht. Diesen Schluss legen die Evaluierungen nahe, die rein monetär-wirtschaftliche Kenngrößen ermitteln. Andere Entwicklungsformen, wie beispielsweise eine nach den indigenen Prinzipen von Sumac Kausay ausgerichtete Förderung sind nicht einbezogen, obwohl die Ausrichtung durch die Betonung von Umwelt- und Sozialveträglichkeit diese Möglichkeit prinzipiell zulassen würde.
Literatur:
Kosmus, Maren und Wolfgang Lutz (2003): La Economía Socio-Ambiental como enclave estratégico del Programa GESOREN. In: http://www.ibcperu.org/doc/isis/7780.pdf (07.11.2011). Eschborn: GTZ.
Weißkopf, Birgit (2007): Cooperación Ecatoriano – Alemana. Programa Gestión Sostenible de los Recursos Naturales GESOREN. Componente 3: Mejoramiento de la calidad y acceso a mercados. In: http://www.gtz.de/de/dokumente/es-gesoren-ecuador.pdf (05.11.2011). Quito: GTZ Ecuador.
Flores, Johanna (2006): Medicion de los incrementos en ingresoso en los productores integrados a las cadenas de cacao y café, y su efecto agregado en la región. Componente Calidad y Accesso al Mercado. Quito: GTZ GESOREN.
Lutz, Wolfgang (2004): Situación del Programa de Cooperación Técnica Alemana GESOREN. In: http://www.condesan.org/cuencasandinas/Documentos/Ambato-GESOREN.pdf (05.11.2011). Quito: GTZ GESOREN
Cordero, Doris/ Alonso Moreno/ Marina Kosmus (2008): Manual para el desarrollo de mecanismos de pago/compensación por servicios ambientales. In: http://www.oas.org/DSD/PES/course2/documentos/Manual_PSA_GTZ.pdf (07.11.2011). Quito: GTZ Gesoren