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Entwicklung in der politischen Sicht

a) Entwicklungspolitik

b) Nachhaltigkeit in der politischen Diskussion um Entwicklung

Projekt Beispiel GESOREN/GIZ

a) Entwicklungspolitik

Eine Definition aus dem „Lexikon der dritten Welt“ zum Stichwort Entwicklungspolitik zeigt, dass diese mehr umfasst als Entwicklungshilfe oder Entwicklungszusammenarbeit:

 „Unter Entwicklungspolitik ist die Summe aller Mittel und Maßnahmen zu verstehen, die von Entwicklungsländern und Industrieländern eingesetzt und ergriffen werden, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Entwicklungsländer zu fördern, d.h. die Lebensbedingungen der Bevölkerung in den Entwicklungsländern zu verbessern.“ (Nohlen, 2002: 235)

Aus dieser Definition geht allerdings auch hervor, dass Entwicklungspolitik von einer Vielzahl unterschiedlichster Akteure aus aller Welt betrieben werden kann, aber ausschließlich auf die „Entwicklungsländer“ ausgerichtet ist.

Man kann davon ausgehen, dass jede Politik bestimmten Interessen unterliegt. Je nach Akteur, sei dies nun eine Partei, eine NGO oder eine supranationale Institution wie die Weltbank oder die UN, gibt es daher inhaltlich einige unterschiedliche Schwerpunktsetzungen, die auch im Zeitverlauf variieren (siehe z.B. die UN-Entwicklungsdekaden. Für die Einen stehen wirtschaftliche Faktoren im Vordergrund, für Andere soziale, menschenrechtliche, ökologische, etc. Tatsächlich wird mit Hilfe von Entwicklungspolitik allerdings meist übergeordneten Zielen Rechnung getragen: Es sind oft nicht altruistische Beweggründe, die Länder dazu bringen, in das Wohl anderer Länder zu investieren, sondern vor allem eigene außen- und sicherheitspolitische Belange. „Die ‚Hilfe an die unterentwickelten Länder‘ war zunächst eine Missgeburt des kalten Krieges“ wie Nuscheler (2005: 78) konstatiert. Mit Geldern, die explizit an Auflagen (Konditionalitäten) gebunden sind oder implizit einem übergeordneten Ziel unterliegen, sollen die „Entwicklungsländer“ auf den Pfad des Kommunismus oder Kapitalismus, auf den der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit oder der ökologischen Nachhaltigkeit eingeschworen werden. Die Sorge, dass schwache Wirtschaften und unstabile Staaten sich insgesamt destabilisierend auswirken könnten und so wirtschaftliche Beeinträchtigungen, einen schlechteren Zugang zu Ressourcen, geopolitische Nachteile oder unkontrollierbare Migrationswellen auslösen könnten, sind oft die „Motoren“ solcher übergeordneter Interessen. Entwicklungspolitik wegen der Steuerung durch Interessen insgesamt als Instrument der Politik abzulehnen hieße aber, tatenloses Zusehen zu wählen. Wenn reines Zusehen keine Alternative darstellt, geht es also um die Qualität und die Transparenz der Entwicklungspolitik. Ob die Ausrichtung und Art der entwicklungspolitischen Anstrengung die „richtige“ oder die „falsche“ ist, ist dabei –wie bei Politik im Allgemeinen- das zentrale Thema jeder Debatte über Entwicklungspolitik.  

Für die Entwicklungspolitik gilt, dass in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neue und dies bedeutet vor allem zusätzliche Aufgaben formuliert wurden (bspw. Maihold 2005). Die neuen Aufgaben werden beispielsweise von NGOs an die nationale Politik herangetragen, welche mit einer entwicklungspolitischen Zielsetzung rein im Sinne des eigenen nationalen Vorteils nicht einverstanden sind. Internationale Institutionen, wie beispielsweise die UN, formulieren neue Aufgaben durch internationale Debatten um Entwicklungsziele vor (wie beispielsweise die Millenium Development Goals). Entwicklungspolitik ist damit zum einen facettenreicher geworden. Zum Zweiten bedeutet die Ausweitung die Überschreitung der alleinig nationalen Ziele, das bedeutet, weg von einer rein nach nationalen Interessen geleiteten Entwicklungspolitik hin zu einer ganzheitlicheren Betrachtung, sowohl der geografischen als auch strukturellen Zusammenhänge, von Entwicklung. Ein sehr gutes Beispiel für die Erweiterung der entwicklungspolitischen Agenda ist die Erweiterung um Nachhaltigkeit bei den gesetzten nationalen und internationalen Entwicklungszielen.

b) Nachhaltigkeit in der politischen Diskussion um Entwicklung

Nachhaltigkeit ist ein seit etwa 25 Jahren immer zentraler werdendes, internationales entwicklungspolitisches Thema. Im Zentrum stehen dabei eigentlich Fragen nach Gerechtigkeit und Verteilung sowohl innerhalb als auch zwischen Generationen (vgl. den sog. Brundtlandbericht, 1987).

Tatsächlich wird Nachhaltigkeit im allgemeinen Sprachgebrauch allerdings oft in zweifacher Form verwendet, ohne den inhaltlichen Unterschied deutlich hervorzuheben. Nachhaltigkeit wird innerhalb der Entwicklungspolitik deshalb als mehr oder weniger bedeutungslose, modische Worthülse in beliebigen Kontexten gebraucht. Es lassen sich aber zwei wesentliche Aspekte des Begriffs unterscheiden:

  • Zum einen bedeutet Nachhaltigkeit, dass Ressourcen, welche in der Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt werden, längerfristig wirksam sind. Diese finanzielle Nachhaltigkeit hat zum Ziel, dass Strukturen, Bedingungen und/oder Politik so verändert werden, dass es zu einer dauerhaften bis langfristigen Verbesserung des fokussierten Entwicklungszieles kommt. Dabei sind die eingesetzten Ressourcen keineswegs nur reine Finanzmittel, sondern können auch entsandtes Personal vor Ort sein.
  • Zum anderen ist Nachhaltigkeit oft auf eine ökologische Zielsetzung beschränkt. Nachhaltigkeit hat hier eine sehr spezielle Bedeutung für die formulierten Ziele. Gesetzte Ziele sollen dazu beitragen bestimmte Aspekte so zu verändern, dass das Ergebnis der Entwicklungspolitik zu einer Verbesserung der ökologischen Situation führt. Auf internationalem Parkett hat diese Bedeutung von Nachhaltigkeit aber dazu beigetragen, die „Vorbildrolle“ der Industriestaaten vor allem aus historischer Perspektive und bezüglich ihres Ressourcenverbrauchs kritisch zu hinterfragen und zu einer Emanzipation bspw. der Schwellenländer beizutragen.       

Nachhaltigkeit hat aus der Sicht des Handelnden in der Entwicklungspolitik deshalb zwei Aspekte, die oft nicht leicht in Einklang zu bekommen sind und in ihrer jeweiligen Definition ganz unterschiedliche Folgen für die gewählten Mittel und die Strategie haben. Während finanzielle Nachhaltigkeit als Anspruch die Führungsrolle westlicher Nationen in der Entwicklungspolitik keineswegs in Frage stellt, ist unter den Bedingungen ökologischer Nachhaltigkeit Zurückhaltung gefragt, sind es doch nicht zuletzt die westlichen Nationen, welche einen Großteil der Ressourcen weltweit verbrauchen und über die letzten Jahrzehnte hinweg alles andere als ökologisch gewirtschaftet haben. Das Praxisbeispiel eines aktuellen Entwicklungsprojekts der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Ecuador zum Anbau von Kaffee, Zucker und Bananen im Gebiet des Amazonas, soll dazu diesen Zielkonflikt aufzeigen und einen Einblick darauf geben, wie Nachhaltigkeit in aktuellen entwicklungspolitischen Projekten verstanden und umgesetzt wird.

Weiterführende Literatur:

Brundtland, Gro (World Commission on Environment and Development) (1987): Our common future. Oxford: University Press.

Maihold, Günther (2005): Die sicherheitspolitische Wendung der Entwicklungspolitik. Eine Kritik des neuen Profils. In: Internationale Politik und Gesellschaft. Nr.4 (2005). Berlin: Stiftung Politik und Gesellschaft. Online verfügbar unter: http://library.fes.de/pdf-files/id/ipg/03041.pdf

Nohlen, Dieter (Hg.) (2002): Lexikon dritte Welt. Hamburg: Rowohlt.

Nuscheler, Franz (2005): Entwicklungspolitik. Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung. Schriftenreihe / Bundeszentrale für Politische Bildung, 488.