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Brasilien heute: Von der Verrechtlichung der Politik zur Politisierung der Justiz?

Dilma Rousseff, 14.11.2017

Dilma Rousseff, 14.11.2017
Bildquelle: Friedrich-Ebert-Stiftung

Dilma Rousseff, Herta Däubler-Gmelin, Sérgio Costa im Gespräch, 14.11.2017

Dilma Rousseff, Herta Däubler-Gmelin, Sérgio Costa im Gespräch, 14.11.2017
Bildquelle: Friedrich-Ebert-Stiftung

Dilma Rousseff & Publikum am 14.11.2017

Dilma Rousseff & Publikum am 14.11.2017
Bildquelle: Friedrich-Ebert-Stiftung

News vom 23.11.2017

Am 14.11.2017 fand an der Freien Universität Berlin eine Veranstaltung mit Dilma Rousseff & Herta Däubler-Gmelin statt, eine Kooperationsveranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin.

In den gegenwärtigen Demokratien übernimmt die Judikative zunehmend die Verantwortung, Entscheidungen über Fragen zu treffen, für die die politischen Akteure keine einvernehmliche Lösung finden können. Diese Verrechtlichung oder Justizialisierung der Politik kann negative Folgen mit sich bringen: Sie verlagert die Entscheidungsmacht von gewählten politischen Akteuren auf Richterinnen und Richter, die nicht von den Staatsbürgerinnen und -bürgern direkt kontrolliert werden. In vielen Fällen ist die Rolle der Judikative jedoch zentral, um Stillstand in der Politik zu überwinden. Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung des Obersten Bundesgerichts in Brasilien, die Wahlkampffinanzierung mittels Unternehmensspenden für verfassungswidrig zu erklären, nachdem es über Jahre im Kongress nicht möglich war, eine Reform der Wahlkampffinanzierung zu verabschieden.

Was allerdings in Brasilien seit 2015 stattfindet, ist vielen kritischen Stimmen nach keine Justizialisierung der Politik mehr, sondern eine weitreichende Politisierung der Judikative. Diese versteht sich zusehends als höchste moralische Instanz und interveniert mit eigenen Kriterien, die sich nicht über einen diskursiven demokratischen Prozess gebildet haben, in die Politik. Zudem verstärkt sich der Eindruck, dass sich Teile der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden instrumentalisieren lassen, um politische Gegnerinnen und Gegner zu neutralisieren.

Während die Justizialisierung der Politik positive Folgen haben kann, stellt die Politisierung der Judikative einen grundsätzlichen Bruch mit der Rechtsstaatlichkeit dar. Diese gegenwärtigen Herausforderungen für die brasilianische Demokratie wurden von Dilma Rousseff, Ökonomin und Staatspräsidentin Brasiliens von 2011 bis 2016, und Herta Däubler-Gmelin, Juristin und Bundesministerin der Justiz von 1998 bis 2002, ausgelotet.

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