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Neues aus Lehre und Forschung

Studium

                                                                                                                            

                                                                                                                            

MA „Interdisziplinäre Lateinamerikastudien“

Zum Oktober hat der 7. Jahrgang des Masterstudiengangs „Interdisziplinäre Lateinamerikastudien“ das Studium aufgenommen. Der Studiengang erfreut sich einer großen Nachfrage: von den 169 Bewerbungen wurden 54 Studierende immatrikuliert, davon 10 aus dem Ausland.

Studienexkursion nach Peru

Vom 2. - 15. September 2011 fand unter der Leitung von Dr. Teresa Valiente Catter eine Studienexkursion nach Peru unter dem Oberthema „Interkulturalität und Identitätsbildungsprozesse in Peru“ mit neun Studierenden des MA „Interdisziplinäre Lateinamerikastudien statt. Im Mittelpunkt standen Themen der mehrsprachigen interkulturellen Erziehung sowie der Repräsentation indigener Identitäten in staatlichen Institutionen, im Tourismus, im Kontext urbaner Migration und Jugendbewegungen sowie im Zusammenhang mit Landrechten und Konfliktbewältigungsstrategien. Die Studierenden bereiten zu diesen Themen ihre Masterarbeit vor. Auf dem Programm standen Workshops und Diskussionsrunden in  der Universidad Nacional Mayor de San Marcos, der Defensoría del Pueblo, dem  Erziehungsministerium, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie der Pontificia Universidad Católica del Perú.

Neue Forschungsprojekte

                                                                                                                            

                                                                                                                            

„Luftfahrtpioniere: Die Anfänge der Luftfahrt in Lateinamerika als transnationales Phänomen - Argentinien und Brasilien im Vergleich, 1898-1930“

Projektleitung: Prof. Dr. Stefan Rinke
Projektmitarbeiterin: Leonie Herbers, M.A.
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Das Teilprojekt der seit 2008 bestehenden DFG-Forschergruppe 955 „Akteure der kulturellen Globalisierung“ (http://www2.hu-berlin.de/kultglobe1900/) wurde im Sommer 2011 als Folgeprojekt zum abgeschlossenen Projekt „Fußballenthusiasten“ bewilligt und hat im Oktober  seine Arbeit aufgenommen. Am Beispiel der Anfänge der Luftfahrt in Lateinamerika und seiner Träger, der „Luftfahrtpioniere“, untersucht dieses Projekt kulturelle Transferprozesse und die beginnende transnationale Vernetzung von Öffentlichkeiten im frühen 20. Jahrhundert.
Anknüpfend an die Ergebnisse der ersten Förderphase konzentriert sich die vergleichende Analyse einerseits auf die konkreten Transferprozesse der neuen Technologie zwischen dem „Westen“ und Lateinamerika und andererseits auf die Vermittlung der Luftfahrt als ultimativer Ausdruck der „Moderne“ durch die neue illustrierte Presse in Ländern, in denen die Luftfahrt aufgrund der topographischen Herausforderungen von besonderer Bedeutung war. Sie geht von der Hypothese aus, dass der rasche Siegeszug der neuen Technologie in Argentinien und Brasilien zum einen zur Perzeption einer wachsenden Einbindung in eine sich globalisierende Welt und zu neuen Vorstellungen (pan)lateinamerikanischer Verbundenheit, zum anderen aber auch zur Konstruktion neuer Differenzen zwischen den Ländern geführt hat.

CarBioCial

Projektleitung: Prof. Dr. Sérgio Costa
Projektmitarbeiter/innen: Dr. Regine Schönenberg, Korbinian Hartberger, Charlotte Schumann
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Das Konsortium zwischen brasilianischen und deutschen Forschungseinrichtungen untersucht Herausforderungen und Chancen einer emissionsarmen Land- und Ressourcennutzung im Südamazonien. Am LAI ist das SP 14 „Analysis of challenges and chances of social transformation for GHG-optimized land- and natural resource management strategies“ angesiedelt, welches sich mit den Transformationsfaktoren aus sozialwissenschaftlicher Sicht beschäftigt. Es wird vom BMBF für den Zeitraum 2011-2016 finanziert.
http://www.uni-goettingen.de/de/211056.html 

„Memoria in der Megacity: Erinnerung, Urbanität und Geschlecht in Lateinamerika (Mexiko-Stadt, Buenos Aires)

Projektleitung: Prof. Dr. Marianne Braig
Projektmitarbeiterin: Dr. Anne Huffschmid
Förderung: Fritz Thyssen Stiftung

Das Forschungsprojekt, welches die Veränderungen der politischen Topographie der  lateinamerikanischen Megastädte durch aktuelle Erinnerungsprojekte und -praktiken im städtischen Raum untersucht, ist verlängert worden (2009 – 2012). Gefragt wird: Wie und wo wird traumatische Vergangenheit im Stadtaum der Metropole sichtbar, verkörpert und zur Sprache gebracht, welche Stimmen, Erfahrungen und Interessen artikulieren sich darin – insbesondere von Frauen, der nachfolgenden Generationen sowie ethnisch bzw. ethnisierten „Anderer“ – und wie wirken Erinnerungsprojekte auf urbane Räume und Imaginarios zurück, etwa in Bezug auf die Bilder von „Politik“ und „Privatheit“ oder Geschlechterbilder. Am Beispiel der Stadträume von Mexiko-Stadt und Buenos Aires wird vergleichend – auf der Ebene von Räumen, Bildern und Diskursen – erforscht, wie kommunikatives zu kulturellem Stadtgedächtnis wird, welche Erinnerungskonflikte dabei entstehen und wie konkrete „Erinnerungsorte“ zu gesellschaftlichen „Erinnerungsräumen“ werden.

2011 abgeschlossene Promotionen

                                                                                                                            

                                                                                                                            

Altamerikanistik/Kulturanthropologie/Ethnologie

María Fernanda Moscoso Romero (Disputation am 10.02.2011)
„Biografía para uso de los pájaros: Memoria, infancia y migración“
Betreuer/innen: Prof. Dr. Ingrid Kummels; Prof. Maria Isabel Jóciles Rubio, Universidad Complutense de Madrid)

Matthias Lewy (Disputation am 07.07.2011)
„Die Rituale aeruya und cho’chiman bei den Pemón“
(Betreuer/innen: Prof. Dr. Ursula Thiemer Sachse; Prof. Dr. Gretel Schwörer-Kohl)

Sabine Lenke (Disputation am 15.07.2011)
„Heil und Heilung. Krankheitsvorstellungen und Heilkunde südamerikanischen Guaranì-Indianer, gespiegelt in den Quellen der Jesuiten“
(Betreuer/innen: Prof. Dr. Ursula Thiemer-Sachse; Prof. Dr. Hansjörg Dilger)

Geschichte

Hernando Cepeda (Disputation am 29.07.2011)
„Imaginarios sociales, política y resistencia. Las culturas juveniles de la música rock en Argentina y Colombia desde 1966 hasta 1986”
(Betreuer: Prof. Dr. Stefan Rinke; PD Dr. Nikolaus Böttcher)

Ignacio Zubizarreta (Disputation am 08.07.2011)
„Los unitarios: faccionismo, prácticas, construcción identitaria y vínculos de una agrupación política decimonónica, 1820-1852” (Betreuer: Prof. Dr. Stefan Rinke; PD Dr. Nikolaus Böttcher)

Ökonomie

Laurissa Mühlich (Disputation am 16.06.2011)
„South-South Monetary Cooperation - Regional Monetary Cooperation in the Context of Fragile Financial Markets” (Betreuer/innen: Prof. Dr. Barbara Fritz; Prof. Dr. Horst Tomann)

Lateinamerikanistik

Ana María Gómez (Disputation am 29.04.2011)
“Erfindung einer Muisca (Chibcha) - Tradition im kulturellen Modernisierungsprozess in Kolumbien (1920-1934)“ (Betreuer/innen: Prof. Dr. Carlos Rincón/ Prof. Dr. Carmen Millán de Benavides)

Gundo Rial y Costas (Disputation am 12.07.2011)
„Making America: The Social Imagery of the Brazilian Telenovela”
(Betreuerinnen: Prof. Dr. Ligia Chiappini; Prof. Dr. Ingrid Kummels)

Politikwissenschaft

Marco Navas Alvear (Disputation am 10.01.2011) 
„Protesta ciudadana y transformación de la publicidad política: Medios ciudadanos en la crisis política de abril 2005 en Ecuador“
(Betreuer/innen: Prof. Dr. Marianne Braig, Prof. Dr. Sergio Costa)

Simon Ramírez Voltaire (Disputation am 28.02.2011)
„Symbolische Dimensionen von Partizipation. Aushandlung von politischen Gemeinwesen und Institutionen in Tiquipaya und Santa Cruz de la Sierra im Kontext des Dezentralisierungsprozesses in Bolivien“
(Betreuerinnen: Prof. Dr. Marianne Braig; PD Dr. Martha Zapata)

Vorstellung ausgewählter Promotionsprojekte

                                                                                                                            

                                                                                                                            

Promotionsprojekt: „Wirtschaftspotential Kultur und Körper? Brasilianische Kleinunternehmen im ‚multikulturellen‘ Berlin“ (Maria Lidola)

‚Lateinamerika‘ lässt sich in der Berliner Stadtlandschaft an vielerlei Orten und in vielerlei Formen antreffen, was nicht ausschließlich einer stetig wachsenden Präsenz lateinamerikanischer Migrant/innen geschuldet ist. In den letzten Jahren wächst jedoch deren kleinunternehmerische Tätigkeit, was sich als Trend auch bei anderen Migrant/innengrupppen in Deutschland feststellen lässt. Das oftmals kulturell verortete Warenangebot umfasst beispielsweise mexikanische Restaurants, andine Textilwarenmarktständ oder als ‚brasilianisch‘ markierte Geschäftsformen, bei denen neben gastronomischen Lokalen, Tanz- und Capoeira-Akademien die so genannten Brazilian Waxing Studios in den letzten Jahren verstärkt für Aufmerksamkeit sorgten.

Nachdem zwei Deutsche das Geschäftsmodel in dieser Form in Berlin eingeführt hatten, wird die Mehrheit der Studios heute von Brasilianerinnen betrieben. Sie zählen in der Regel zu einem Migrationsprofil, das sich im Zuge einer sich immer stärker globalisierenden Welt seit Ende der 1980er Jahre für den lateinamerikanischen Kontext ausgeprägt hat, bei dem meist wirtschaftliche Gründe oder aber die Gründung binationaler Familienkonstellationen über den Atlantik hinweg zur Migration bewegten. Das Beispiel der brasilianischen Migrant/innengruppe  ordnet sich zudem in den globalen Trend einer Feminisierung der Migrationen ein – so sind über 2/3 der in Berlin registrierten Brasilianer/innen weiblich.

Vor diesem Hintergrund untersucht mein Promotionsprojekt ethnisch/kulturell markierte Kleinunternehmen der Kosmetikbranche in ihren lokalen, transnationalen und transkulturellen Einbettungen. Im Mittelpunkt stehen auf eine Konsumierbarkeit ausgerichtete wirtschaftliche, aber auch politische und soziale Ausschöpfungsstrategien von Kultur und Körper. Hierbei interessieren mich besonders die damit verbundenen Ethnisierungs- und De-Ethnisierungsstrategien in intersubjektiven Handlungen und Erzählungen, aber auch in Repräsentationen und Diskursen. Ich frage danach, in welchen konkreten Formen global zirkulierende Vorstellungen vom ‚Brasilianischem‘ und national verhandelte Multikulturalismus- und Integrationsdebatten und deren materielle Rückwirkungen in ihren Berliner Ausprägungen die Akteure – besonders die Unternehmerinnen, aber auch deren soziales Umfeld und die Kund/innen – sowohl in ihrer Positionierung in der Arbeitswelt als auch im gesellschaftlichen Alltag beeinflussen. Die Forschung untersucht damit verbunden auch den Begriff von Arbeit, die unternehmerische Selbständigkeit sowie die Spezifik des Geschäftszweiges auf ihre geschlechterspezifischen Besonderheiten hin und sucht hierzu den Vergleich zu vor-migratorischen Erfahrungen. Ins Zentrum der Diskussion stelle ich die Sichtweisen und Erfahrungen der Unternehmerinnen, die ich über qualitative sozial- und kulturanthropologische Methoden erarbeitete. Aktuell befinde ich mich in mitten meines ersten von drei Feldforschungsabschnitten. Meine Promotion fertige ich im Rahmen meiner Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin am LAI im Bereich Kulturanthropologie unter der Betreuung von Prof. Dr. Ingrid Kummels an.

Promotionsprojekt: „Virtualisierung von Körper und Sexualität in GayRomeo“ (Kaciano Gadelha)

Ich komme aus Fortaleza, Brasilien und promoviere seit 2010 als Stipendiat des Graduiertenkollegs “Entre Espacios/Zwischen Räumen” am Lateinamerika-Institut im Bereich Soziologie, was mir sehr gut gefällt. In Brasilien habe ich Psychologie und Soziologie studiert. Deutschland war für mich immer ein faszinierendes Land: die Philosophie, die Geschichte, die Landschaft… 2007 war ich zum ersten Mal in diesem Land mit einem DAAD-Stipendium für einen Deutschkurs in Leipzig. Deutschland kennen zu lernen, war sowohl persönlich als auch akademisch eine großartige Erfahrung. Als ich mich dafür entschieden habe, in Deutschland promovieren zu wollen, hat mir die Betreuerin meiner Magisterarbeit (Prof. Irlys Barreira) das LAI wegen der exzellenten Forschungsleistungen empfohlen. In meiner Dissertation geht es um  Performativitäten von Geschlecht und Sexualität im Cyberspace, wobei ich eine Fallstudie zu Benutzern von Webseiten für GayDating bei Schwulen, Bisexuellen und Transgender in Brasilien und in Deutschland durchführe. Es handelt sich um Akteure in verschiedenen Räumen (realen und virtuellen), die neue Formen der Kontaktaufnahme benutzen und durch ihre Profiles zur Partnersuche auch neue Repräsentationen über Gender, Sexualität und Körper sichtbar machen. Ich problematisiere die vorhandenen Diskurse und Repräsentationen von Sexualität im Cyberspace. Wie vermitteln diese normativen Diskurse von Sexualität und Gender die soziale Produktion von neuen virtuellen Körperlichkeiten im Cyberspace? Das Graduiertenkolleg (Grako, wie wir es gewöhnlich nennen) ermöglicht mir die Promotion in einem ausgesprochen interdisziplinären und internationalen Kontext und in einer angenehmen Atmosphäre mit Doktorand/inn/en aus verschiedenen Ländern. Auch die Einrichtungen der Freie Universität (Bibliotheken, Mediotheken, usw) sind sehr gut und ermöglichen die Fortschritte meiner Forschung und zugleich die Möglichkeit, mehr als eine(n) Betreuer(in) für meine Dissertation zu haben (am LAI sind Prof. Dr. Sérgio Costa mein Doktorvater und PD Dr. Martha Zapatha Galindo meine Mentorin). Manchmal ist es schwierig, mit so unterschiedlichen Disziplinen und Theorien umzugehen und es scheint, als ob wir in einem Babel von Begriffen, Autoren und Orten wären und so ist der Alltag am LAI: eine Vielfalt von Themen, Sprachen, Studierenden, Professor/innen...  Meiner Ansicht nach ist das LAI etwas Besonderes an der Freien Universität Berlin, was wir hier haben, habe ich noch an keiner anderen Universität erlebt: Es ist eine lockere Atmosphären zwischen den Studierenden, Professor/innen und Mitarbeitern, ein Stück von Lateinamerika mit deutscher Sahne, das mit einem Kaffee der LAI-Küche oder dem nächsten deutschen Bier  im meist kaltem Berlin zu kosten ist.